Samstag, 4. Februar 2012

Völlig aus der Art geschlagen - Jutta Profijt 'Kühlfach-Krimis'

Die werten Leser wissen es ja schon, Kriminalromane zählen im Biblionomicon eher zu den 'Randerscheinungen'. Um so mehr freue ich mich, dass Claudia in Ihrer zweiten Gastrezension diesem von mir leichtfertig vernachlässigtem Genre ein wenig Gerechtigkeit widerfahren lässt und den Faden gleich mit einer ganzen Krimireihe aufgreift, von der ich zugegebenermaßen noch nie etwas gehört hatte. Viel Spaß also mit Claudias Kühlfach-Krimis :)

Der Titelheld der neuen „Kühlfach-Krimireihe“ schlägt - formuliere ich es vorsichtig - ein wenig aus der Art. Dennoch versteht er es wohl sein Publikum an sich zu binden. Sei es weil uns sein Schicksal rührt, oder weil er ein so herrlich erfrischendes und schnodderiges Mundwerk sein Eigen nennt. Weshalb auch immer -- "Pascha" muss man einfach ins Herz schließen. Doch ich sollte am Anfang beginnen. Unser Held, ein kleinkrimineller Autoschieber (korrekt muss es heißen ein ziemlich toter kleinkrimineller Autoschieber) findet sich bei seiner eigenen Autopsie auf dem Seziertisch von Dr. Martin Gänsewein wieder. Verständlicherweise in heller Aufregung und wild gestikulierend, versucht er sich bemerkbar zu machen, was ihm Mangels körperlicher Fähigkeit, misslingt. Lediglich sein 'behandelnder' Rechtsmediziner ist in der Lage Paschas Gedanken zu hören. Doch ihre erste Begegnung steht, in Anbetracht der eher heiklen Situation, unter keinem so guten Stern:
„Meine anfängliche Verwirrung steigerte sich zu einer ausgewachsenen Panik, als ich sah, was Martin in der Hand hielt: Ein blitzendes, verflucht scharf aussehendes Skalpell. Er setzte es an und schlitze mir den gesamten Oberkörper auf, vom Kinn abwärts in einem geraden Schnitt bis dahin, wo es wirklich nicht mehr weitergeht. (...). Mir war schlecht. Lage um Lage wurde meine Haut abgeschält (...), bis zu dem Punkt, wo es anfing, wirklich eklig zu werden. Martin fasste mir an die Eier. ‚Hey, nimm deine Wichsgriffel von meinem Sack‘, brüllte ich in höchster Not, und Martin fuhr herum, wobei er so stark zusammenzuckte, dass ich dachte, er schlitzt gleich seinen Kollegen auf. Das war der Moment, in dem ich feststellte, dass er mich hören kann.“ (S. 23) 
Dieses für Dr. Gänsewein zweifelhafte Vergnügen führt zu herrlichen Dialogen und peinlichen Ausbrüchen des enervierten Mediziners. Pascha und Martin - man kommt sich schließlich näher - sprechen nun einmal nicht dieselbe Sprache. Doch nach zahlreichen Verständigungsproblemen kämpfen beide doch um ein gemeinsames Ziel, nämlich die Aufklärung der Umstände, die zu Paschas Tod führten. War es am Ende doch Mord? Wer schwarzen Humor mag, der wird das neue Ermittlerduo lieben! Inzwischen sind bei dtv vier Romane der „Kühlfach-Reihe“ erschienen (siehe unten).

Fazit: Natürlich darf man nicht mit gehobener Literatur rechnen, wenn man einen Kühlfach-Roman aufschlägt. Aber man kann mit guter, solider Unterhaltung rechnen. Jutta Profijt ist es gelungen einen völlig neuen Ermittlertypus zu erschaffen, der zumindest für meinen Geschmack, genial komisch ist.

Jutta Profijt
Kühlfach 4
Deutscher Taschenbuch Verlag (2009)
256 Seiten
9,95 Euro








Jutta Projijt
Im Kühlfach nebenan
Deutscher Taschenbuch Verlag (2009)
288 Seiten
9,95 Euro







Jutta Profijt
Kühlfach zu vermieten
Deutscher Taschenbuch Verlag (2010)
304 Seiten
9,95 Euro








Jutta Profijt
Kühlfach betreten verboten
Deutscher Taschenbuch Verlag (2012)
320 Seiten
9,95 Euro